Während wir in Bishop den Luxus der Zivilisation genossen, zog eine Sturmfront über die Berge hinweg. Wir waren froh, dass wir diesen Sturm sicher im Hotelzimmer in der Stadt im Tal abwarten konnten. Der Wetterbericht versprach für die kommenden Tage Besserung, und so machten wir uns nach dem Frühstück auf den Weg zurück zum Trail. Leider war die Busverbindung Richtung Trail bereits saisonbedingt für das Jahr eingestellt, also war wieder mal trampen angesagt. Schon nach wenigen Minuten hielt ein Auto, ein älterer Herr mit 2 kleinen Hunden, und bot an, uns mitzunehmen. Die beiden Hunde waren allerdings nicht so freundlich wie er und bellten, fixierten uns und schnappten nach uns. Wir saßen auf der Rückbank, die Hunde vorne, ihr Besitzer ließ sich von ihrem Gebell nicht irtitieren und hatte sie gut unter Kontrolle. Leider jedoch, wie hier in den USA sehr verbreitet, u. a. mit Stachelhalsbändern. Am Wandererparkplatz angekommen, mussten wir erst wieder einige Meilen zurück zum PCT laufen, und natürlich wieder über einen Pass. Also bergauf. War es im Tal in der Stadt noch richtig heiß gewesen, kühlte es in den Bergen zunehmend ab. Der Himmel zog sich wieder zu, die Sonne verschwand und Donner grollte, wenn auch entfernt. Nach ein paar Stunden fing es an zu regnen, dann kam kurzzeitig sogar Hagel dazu. Der Spuk währte jedoch nicht lang und wir konnten weiterwandern. Sogar die Sonne zeigte sich wieder und tauchte die wunderschöne Landschaft aus weißen Felsen und klaren Bergseen in gleißendes Licht.

Immer wieder sahen wir auch atemberaubende Wasserfälle, die Natur hier ist außergewöhnlich! Nicht weit von hier, nur wenige Kilometer entfernt, stehen die ältesten Bäume der Welt. Es handelt sich um langlebige Kiefern, die älteste ist über 5000 Jahre alt. Leider führt der PCT nicht direkt dort entlang. Kurz vor dem anvisierten Platz zum Zelten wurden die Wolken dann erneut grau und dicht und es regnete wieder.
In der Nacht wurden wir beide von einem Geräusch kurz wach, dachten aber dass in der Nähe ein Ast heruntergefallen wäre. Am Morgen sahen wir dann was passiert war: das Innenzelt hatte am Fußende ein Loch. Zunächst dachten wir noch an einen Aufbaufehler und dass durch zu hohe Spannung der Riss entstanden wäre. Als wir das Zelt verließen sahen wir den wahren Grund. Stephans Trekkingstöcke, die er seit unserer Begegnung mit Limpy – dem schlaufenkauenden Hirschmädel – immer ans Kopf- oder Fußende legt, lagen einige Meter entfernt und hatten durchgelutschte Schlaufen. Als wir kurz darauf dann beim Essen saßen, zeigte sich der Übeltäter: Hirschi – der Zeltschlitzer. Ein schon etwas älterer Herr mit ordentlichem Geweih.

Scheinbar wollte er mit seinem Mund den Stock hervorziehen und hatte dabei mit dem Geweih das Innenzelt durchstoßen.
Während wir versuchten mit Klebeband das Loch zu flicken, trabte Hirschi seelenruhig in 3 m Entfernung um uns herum, leckte an den Resten unseres Morgenpipis und ließ sich von uns in keinster Weise stören.

Nach dieser Verzögerung kamen wir erst eine Stunde später als normal los. Der Himmel war wieder blau, aber es war sehr kalt. Erst als die Morgensonne über die Berge kam, wurde es erträglicher. Es ging direkt nur bergauf, der Muir Pass wollte erklommen werden. Vorbei an kargen Felslandschaften, klaren Bergseen und knorrigen Bäumen ging es stetig aufwärts, ca 1000 hm hoch. Auf dem Pass erwartete uns eine Steinhütte, die dort vor bald 90 Jahren als Notfallschutzhütte gebaut wurde. Wir nutzten sie als windstilles Örtchen um Kaffee zu kochen und Mittag zu essen.

Danach begann der lange Abstieg. Mittlerweile kamen von Süden immer mehr Wolken auf, und es sah so aus als wenn es abends noch regnen könnte. Wir beeilten uns so gut es ging etwas tiefer zu kommen und schlugen schon gegen 18 Uhr unser Lager auf. Wir konnten gerade noch fertig kochen als die ersten Tropfen fielen und wir uns ins Zelt zurück zogen.
Der nächste morgen war kalt und feucht. Es dauerte einige Zeit bis die Sonne herauskam und wir unsere klammen Finger wieder benutzen konnten. Gerade morgens sieht man immer wieder Hirsche links und rechts des Weges, so auch an diesem Tag. Nach ein paar Meilen kamen wir zum Evolution Creek, einem breiteren Fluss der als einer der gefährlicheren Furten gilt. Da wir aber schon spät in der Saison sind war es gut machbar, das Wasser hatte wenig Strömung und ging uns bis zum Knie. Nur arschkalt war es… Ein weiterer folgte dann später noch, aber auch dieser war nur kalt.

Es wurde wärmer während wir entlang des Flusses bergab gingen und ihm immer wieder zusehen konnten wie er in tosenden Wasserfällen die Hänge hinab stürzte.
Der folgende Aufstieg zum Selden Pass war relativ human. Unterwegs kamen uns eine Gruppe des Forestservice entgegen und wir ‚durften‘ das erste mal unsere Permits zeigen. Kurz darauf kam uns eine Gruppe Hiker entgegen. Eine Frau sagte beim Passieren auf einmal: „Irene? Von Facebook?“ Es stellte sich heraus, dass es Mala war, eine Deutsche die Southbound geht und die wir aus Facebook kannten. In Oregon waren wir schon mal unerkannterweise an ihr vorbei gelaufen.
Das Wetter wechselte wieder, Wolken zogen auf und es begann zu nieseln und später zu hageln. In der Nähe donnerte es auch heftig. Wir warteten unter einem Baum und hofften dass es aufhört, aber das passierte erstmal nicht. So gingen wir ein paar hundert Meter zum nächsten Zeltplatz zurück und bauten unser Zelt auf. Eigentlich wollten wir noch über den Pass, aber bei diesem Wetter wäre das kein Spaß geworden.

Über Nacht klarte der Himmel wieder auf und wir konnten am nächsten Morgen über den Pass gehen. Wie üblich, führte uns unsere Wanderung nach dem Pass abwärts, um danach wieder bergauf zu gehen.

Wir begegneten wieder einem amerikanischen Wanderer, der ebenfalls den PCT läuft und wanderten gemeinsam mit ihm. Er ist Anfang 30 und ehemaliger Soldat, der im Irak verwundet wurde. Trotz Knieproblemen hat er das feste Ziel, den PCT komplett zu laufen, wegen seiner Verwundung jedoch aufgeteilt auf 2 Jahre. Ist schon ein seltsames Gefühl, mit einem deutlich jüngeren zu laufen, der aber kriegsversehrt ist. Begegnungen wie diese zeigen uns deutlich die Unterschiede zwischen dem Leben in Deutschland und den USA auf. Er ist 31, hat mit Anfang 20 den Weg zur Army gewählt und hat nun neben Traumatisierung mit den körperlichen Folgen seiner Kriegsverletzung zu kämpfen. Er bekommt zwar medizinische Versorgung und eine Minirente, aber wirklich davon leben kann er nicht – und seine kaputten Knie werden nicht operiert, ‚das wird prinzipiell erst gemacht, wenn man über 50 ist‘. Wir wanderten mit ihm mehrere Tage, trafen uns immer wieder zu Pausen und zwischendurch. Obwohl er es sich nicht leisten kann, genug zu essen für die Wanderung für sich zu kaufen, lehnte er von uns angebotene Müsliriegel stolz, aber dankbar ab und bot im Gegenzug sogar an, sein Abendessen mit uns zu teilen, als wir ihm sagten, dass wir wohl für die Etappe länger als geplant brauchen würden.
Abends zelteten wir erneut kurz vor einem Pass auf über 3000 m, diesmal sogar ausnahmsweise bei klarem Himmel und ohne Regen! Dafür kamen nachts starke Windböen auf, die uns weckten und Sand ins Gesicht bliesen.
Der nächste Morgen begann wieder strahlend, wir frühstückten während einem wunderschönen Sonnenaufgang und stiegen danach die letzten Meter zum Pass auf. Beim Abstieg erwarteten uns kleine Schneefelder, die am frühen Morgen steinhart gefroren und deshalb sehr rutschig waren.

Dann ging es hauptsächlich bergab, den ganzen Tag. Mittags kamen wieder Wolken auf und es begann zu regnen. Nachdem wir völlig durchnässt waren, hörte der Regen zum Glück wieder auf und wir trockneten beim Laufen.

Am frühen Abend erreichten wir Reds Meadows, ein kleines Resort mit Campingplatz, kleinem Laden und Cafe. Der Bus zur Stadt Mammoth fuhr leider nicht mehr, aber nach einem Kaffee und Sandwich im Cafe nahm uns ein älteres Ehepaar mit. Da sie jedoch selbst nicht zur Stadt wollten, fragten sie unterwegs ein anderes Paar auf einem Parkplatz, ob sie uns bis zur Stadt fahren könnten. Sie konnten – es war ein Ehepaar aus Frankreich, das sich nach der Pensionierung auf Weltreise befindet. Tahiti, Kalifornien, Japan und Neuseeland stehen auf ihrem Programm. Die beiden sprachen nur französisch, unsere Kommunikation verlief daher eher etwas holprig, aber vielleicht auch deswegen besonders herzlich. In Mammoth zelten wir beim örtlichen Campingplatz mit allen Annehmlichkeiten wie Duschen, Waschmaschinen und kleinem Shop. Und der abendliche Regenguss fehlte natürlich auch hier nicht!
Weitere Impressionen der letzten Tage:





Ihr zwei seit zu beneiden bei so vielen schönen Panoramen da hätte ich schon keinen bock mehr nach Deutschland zurück zu gehen ist schon Toll wie die Natur einen Verzaubern kann aber Trotzdem seit weite Vorsichtig und habt Spaß.;) Gr.Rainer.
bewundernswert euer Durchhaltevermögen 😉
viel Glück noch auf den letzten Meilen 😉
und gut aufpassen, lg
Ich verfolge Eure Tour von Anfang an und bin begeistert von den Eindrücken und Fotos. Am Mammoth Lake war ich vor 2 Jahren auch und habe diese traumhafte Landschaft in toller Erinnerung! Respekt vor Eurer Leistung und alles Gute für die restlichen Meilen!
Karen
Bewundernswert! Danke fürs Teilhaben lassen.
Liebe Grüße
Ihr Lieben! Wieder ein wunderschoener Blog!Geniesst es weiterhin und bleibt gesund! Ganz liebe Grüße! Mama
I’m really enjoying reading of your Sierra hike!
Good luck to you guys, and stay safe!