Von Julian nach Idyllwild 

Nach der Kleinstadt Julian ging es am morgen wieder zurück auf den Trail. Einem Anstieg folgte eine schier endlose Zahl von Kurven um ein Bergmassiv. 

Irene am Berg

Man sah Kilometer voraus wo der Trail sich weiterschlängelte. Der kürzeste Weg war das sicher nicht, aber der Weg ist ja das Ziel.

Am Abend erreichten wir ein Hochplateau  auf dem schon von Büschen getrennt und geschützt mindestens 6 Zelte standen. Ein paar hundert Meter abseits befand sich ein sogenannter Watercache, also ein Platz wo freiwillige Helfer Wasserflaschen deponieren um lange wasserlose Strecken für die Hiker erträglicher zu machen. Wir hatten zwar ordentlich zusätzliche Liter den Berg hochgetragen, aber auch wir stockten dort noch für den Morgen auf, kochten unsere Nudelessen und gingen wie immer mit Sonnenuntergang ins Bett. 

Unser Abendessen: Variationen von Nudel- und Reisgerichten

Den ganzen Tag schon hatte ein ordentliches Lüftchen geblasen, und auch die Nacht war recht böhig. Aber wir hatten die Heringe mit Steinen ordentlich gesichert, so dass wir keine Angst haben mussten wegzufliegen. Schlecht geschlafen haben wir wegen dem Wind aber trotzdem.

Am nächsten morgen ging es gegen 8 Uhr los. Das Ziel des Tages war Warner Springs, ein kleiner Ort (wirklich klein!) in dem man sich mit dem Nötigsten ausrüsten kann. Vorher wartete noch nach einer Wanderung durch hügelige Graslandschaften 

Die Landschaft wechselt schnell

(wir warteten nur darauf, dass die kleine Laura Ingalls aus „Unsere kleine Farm“ die Wiese runterpurzelt) der Eagle-Rock auf uns, eine natürliche Steinformation die wie ein Adler aussieht. 

Eagle-Rock

Nach ca. 18 Meilen kamen wir beim dortigen Gemeindehaus an. Es standen bestimmt schon 20 Zelte und es sollten am Ende mindestens nochmal 15 dazukommen. Im Gemeindehaus kann man mit einem Eimer duschen, ins WLAN oder seine elektronischen Geräte laden. Ein Miniladen mit etwas Futter gibt es genauso wie ein Wohnmobil mit Ausrüstung (wir kauften neue Hüte). Ein Weg über den Golfplatz bringt einen nach einer Meile noch zu einem Lokal und einer Tankstelle die auch etwas essbares für unterwegs führt. 

Ein Teil des Zeltlagers in Warner Springs

An Orten wie diesem gefällt mir vor allem, dass man mit vielen Menschen in Kontakt kommt. Menschen, die man schon auf dem Trail gesehen hatte oder komplett neue. Meist wird natürlich englisch geredet, aber auch die deutsche Fraktion war wieder stark vertreten. Dazu kommt noch, dass es auch aufbauend für einen selber ist, wenn man 20-Jährige hinken sieht mit zugeklebten Füßen. Das zeigt einem dann immer wieder, dass wir für unser fortgeschrittenes Alter und unsere Unsportlichkeit doch recht fit sind. Der Altersschnitt ist schon jünger: viele Mittzwanziger, nach Schule oder während des Studiums. Dann kommt erstmal nichts und dann wieder ab 55-70 die Früh- und Rentnerecke (die meinen größten Respekt haben!). In unserem Alter sieht man tatsächlich wenig Hiker.
Nach einer relativ erholsamen Nacht, einem Kaffee am morgen und dem Aufstocken der Vorräte für ca. 4 Tage, starteten wir spät gegen 10:30 Uhr. Ein anstrengender Tag folgte, denn es ging bergauf, wir mussten mehr Wasser mitnehmen, es war wieder warm, nur dieses mal ohne kühlenden Wind. Gegen 17:30 Uhr kamen wir erschöpft beim angepeilten Zeltplatz an. Wenn ich von Zeltplatz rede, meine ich das in der Regel wörtlich: einfach ein Platz wo man das Zelt aufstellen kann. In der kargen, bergigen Gegend geht das nämlich nicht überall.  In unserer Wander-APP sind diese i.d.R. eingezeichnet, mit Zahl der möglichen Plätze und Wasserverfügbarkeit.
Die Abende laufen meist gleich ab: erstmal kurz hinsetzen, dann Zelt aufbauen und alles vorbereiten (Isomatten aufblasen, Schlafsack rausholen, etc). Dann wird Essen gekocht und nochmal ordentlich getrunken. Man schaut sich die anstehende Etappe an, schaut nach Wichtigem und macht die Wasserplanung für den nächsten Tag. Gestern durften wir auch noch von unserem Zeltplatz am Berg auf ca. 1450 meter einen tollen Sonnenuntergang bestaunen.

So einen Sonnenuntergang sieht man nicht in der Stadt

Und danach ist eigentlich immer schlafen angesagt, ein geschundener Körper braucht viel Erholung 😉

Am folgenden Tag starteten wir gegen 7:30 Uhr  (wir arbeiten uns langsam zeitlich nach vorne). Es war schnell wieder sehr warm, und der immer wieder aufkommende Wind machte ein benutzen der Schirme nur bedingt möglich. Es hieß dass bei „Mikes place“ etwas Trailmagic in Form von kühlen Getränken und Essen wartet, also gaben wir Gas. Leider gab es nur noch Bier und es sollte zwar Pizza geben, aber da diese erst in Stunden fertig werden sollte, wir nicht so lange warten wollten und das junge Publikum (biertrinkend und kiffend) auch eher nicht unseres war, füllten wir nur Wasser nach und zogen weiter. Eine kurz abseits des Trails gelegene Quelle war das Ziel, wo es verlässlich Wasser geben sollte. Gegen 18 Uhr kamen wir dort an, füllten nochmal extra Wasser ab und liefen noch knapp 2 Meilen zu einem großen, sandigen Zeltplatz, wo wir tatsächlich mal alleine waren. Da der Sand ein effektives Abspannen des Zelts eh unmöglich machte, bauten wir nur das Innenzelt auf und schliefen unter dem Sternenzelt.

Bei schönem Wetter schläft man oben ohne

Heute morgen, wir starteten schon gegen 7:15 Uhr, machten wir bis 13:30 Uhr die ca. 13 Meilen unter leicht bedecktem Himmel und leichtem Wind. Wir wollten unbedingt zum „Paradies Cafe“, einem leicht abseits des Weges gelegenem Lokal, die angeblich die besten Burger entlang des PCT machen. Schon unterwegs trafen wir auf coole Trailmagic : zwei ehemalige Thruhiker warteten an einem Picknickplatz mit kühlen Getränken, Obst und Cookies auf hungrige Hiker. Das nahmen wir natürlich mit! 

Trailmagic

Sehr nette Menschen, die so ein bisschen dem Trail und der Community etwas von dem zurückgeben wollen, was sie selber erhalten haben. Kurz vor der Straße stand ein Tipi am Weg. Zwei Kerle schenkten uns ihre selbst hergestellten Powerriegel und Smoothies. Die beiden haben wohl eine Farm und vertreiben das Zeugs lokal. Auch da sagt man nicht nein. An der Straße angekommen wartete schon ein Päarchen ebenfalls mit kühlen Getränken. Der Mann fuhr uns freundlicherweise auch noch die kurze Strecke zum Lokal. Das alleine in der Einöde gelegene Restaurant war voll mit bunt gemischtem Publikum, aber auch vielen Hikern die wir meist auch schon kannten. Und tatsächlich : die Burger waren nicht übel.

Paradies Cafe

Jetzt galt es sich zu entscheiden : trampen wir zurück zum Trail, gehen 10 Meilen um dann eine wegen Feuersperrung unschöne Ausweichroute mit Straßenabschnitten zu gehen, oder trampen wir direkt nach Idyllwild, dem nächsten Ort am Weg? Wir entschieden uns für zweiteres. Es dauerte auch nicht lange bis der erste anhielt (eine Frau dabei zuhaben ist da goldwert!). Einmal mussten wir noch umsteigen und kamen dann in dem idyllischen Bergstädtchen Idyllwild an.
Hier werden wir nach 10 Trailtagen und über 150 Meilen 

150 Meilen, yeah!

unseren ersten Zero-Tag nehmen, also zweimal übernachten. Eigentlich geht es uns relativ gut: wir haben nur wenige Blasen und im Gegensatz zu vielen anderen Hikern nicht zugeklebte Füße. Nur die Achillessehnen/-Bänder schmerzen und die Beinmuskeln sind einfach müde. Wir haben ein nettes Zimmer in einer Anlage mit kleinen Häuschen. Nach und nach sahen wir auch fast alle anderen Hiker, die uns die letzten Tage begleitet haben und teils auch heute im Lokal waren. Scheinbar wählen viele diese Option. Unter Regelfaschisten dürfen wir uns jetzt eigentlich nicht mehr Thruhiker nennen, weil wir ein paar Meilen des Weges abgekürzt haben, aber das soll uns egal sein. Ausserdem läuft man durch diverse Extrawege zu Wasser oder in Städte eh mehr Meilen als den offiziellen Weg, das gleicht es wieder aus.

Wenn ich morgen Zeit habe, schreibe ich etwas über Gedanken am Trail. Oder über Essen…. 😉

Stephan

12 Gedanken zu „Von Julian nach Idyllwild &8220;

  1. Das ist so cool euer Bericht. Hätte nie gedacht das da so viel Leute unterwegs sind.
    Klasse auch die Leute wo euch auf den Weg versorgen mit diversen Sachen.
    Bin immer gespannt auf neue Berichte und freue mich drauf.

  2. Toll geschrieben, ihr nehmt einen sozusagen zusammen mit den Fotos ein wenig mit. Außerdem tut es gut von euch zu hören bzw. zulegen, somit macht man sich keine Sorgen um euch. Danke dafür. Weiterhin schöne Wanderung.

  3. Es ist so schön, durch die Berichte ein wenig mitreisen zu können und durch das Schreiben können auch das Erlebte und die vielen Eindrücke ein wenig sacken.
    Weiterhin gutes Wandern, ihr Lieben!

  4. Hey ihr 2 verrückten Hühner ?…..cool wie ihr das alles bewerkstelligt ?. Ich beneide euch beide . Euer Traum ist wahr geworden und das ist das was wirklich zählt . Danke für euren super Bericht ?….freu mich auf den nächsten Traileintrag ….ich wünsch euch ganz viel Spass und passt auf euch auf ??

  5. Hallo ihr beiden
    Haben Euren Bericht wieder mit Spannung gelesen „toll„.
    Jetzt gönnt euch einen Ruhetag.
    Für uns wäre das nichts ohne Abends einen Schweinebraten oder Hacksen mit einem Weißbier, anstelle einer mageren Nudelsuppe.
    Gruß Vater

  6. Danke, dass wir mitwandern dürfen. Man kann nur erahnen wie toll diese Erfahrungen sind und ihr seht auf euren Pics so aus, als hättet ihr alles richtig gemacht. Liebe Grüsse und werdet nicht zu dick bei Kohlehydrate, Burgen u Co ??

  7. Toller Bericht. Ich freue mich immer von euch zu hören und die tollen Bilder zu sehen. Weiterhin viel Spaß und bleibt gesund.

  8. Kann mich allen, die vorher schon geschrieben haben, nur anschließen: Vielen Dank für die tollen Berichte und Fotos! Es ist immer schön, von Euch zu hören, hoffe Ihr habt den Ruhetag genossen und weiterhin viel Spaß!

  9. Wie ich sehe seit ihr Kämpfer also Attacke und Passst auf euch auf und wie ihr seht haben auch wir Rentner was auf der Pfanne.;)Liebe Grüße Rainer.,)

  10. Hallo Herrschen und Frauschen
    Heute am Sonntag hat meine Gastfamilie ein Risoto mit Lende und Rotweinzwiebel gemacht serviert auf Edelstahlteller lecker. Ich hoffe ihr bekommt auch so was gutes.
    Wau wau euer Jonny
    PS.wir warten auf den nächsten Bericht

    1. Lieber Jonny, ich hoffe du hattest dir keinen Schwips geholt bei den Rotweinzwiebeln :). Deine Gastfamilie soll dich doch mal von mir knuddeln.

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