In Seattle trafen wir uns mit einem amerikanischen Päarchen (die beiden hatten das gleiche Ziel wie wir und wir konnten so die Kosten teilen), das wir über Facebook gefunden hatten und starteten unseren Roadtrip. 1100 Meilen südwärts. Wir kamen durch Orte, in denen wir vor Wochen und Monaten schon zu Fuß waren, ein seltsames Gefühl. In Oregon brennt soviel, dass die Autobahn in dichten Rauch gehüllt war. Am späten Abend kamen wir in Mount Shasta, in Kalifornien an, wo wir bei einem See wildcampten. Morgens noch einen Kaffee in der Stadt, und schon gings weiter.

Witzigerweiße sind die beiden auch eine Zeit mit Salty Dog gewandert, der uns schon ein paar Geschichten über seine „Kids“ erzählt hatte. Natürlich machten wir auch ein Gruppenfoto und schickten es ihm. Er hat sich sehr gefreut. Am Abend fuhren wir die beiden direkt nach Kennedy Meadows, und wir ein Stück weiter nach Ridgecrest, wo wir schon im Mai waren.
Nachdem wir am nächsten Tag das Mietauto in Ridgecrest abgegeben hatten, warteten wir im Starbucks auf den Trailangel der uns zum Startpunkt in Kennedy Meadows fahren sollte. Leider verspätete sie sich etwas, dann mussten wir auch noch unterwegs einen anderen Hiker aufpicken, und so kamen wir dann erst am späten Nachmittag dort an. Also beschlossen wir dort zu zelten und erst am darauffolgenden Tag früh loszulaufen. Ein paar Tropfen Regen kamen noch runter und es gewitterte in der Ferne.
Wir haben uns dafür entschieden, direkt hier einzusteigen und nicht am Walkerpass, ca. 50 Meilen weiter südlich. Die verbliebene Zeit ist recht knapp, das gesparte Stück eher nicht so spannend, und es wäre schade wenn wir am Ende um den schönen Lake Tahoe herum etwas weglassen müssten.
Am darauffolgenden Morgen starteten wir nach einem Kaffee. Der PCT führte durch die uns schon bekannte Wüstenlandschaft kontinuierlich aufwärts. Kennedy Meadows liegt auf ca. 6000 Fuß (ca. 1800 m) und in den Sierras läuft der PCT meist zwischen 8500 und 11000 Fuß.
Da die saisonalen Wasser langsam austrocknen, muss man eine gute Wasserplanung machen.
Die Landschaft wechselte langsam in eine bewaldete, steinige Berglandschaft. Am Horizont tauchten die ersten Gipfel auf, teils noch schneebedeckt.

Schon am Vortag hatte es geregnet, und so zogen auch heute Wolken auf und gelegentlich regnete es kurz. Abends fanden wir einen netten Platz im Wald, konnten aber gerade noch rechtzeitig im Zelt vor dem nächsten Schauer Zuflucht suchen.
In der Nacht blitzte und donnerte es zunächst noch, aber zum Glück nicht direkt über uns, sondern entfernt. Wir bekamen nur ein bisschen Regen ab und sahen die Blitze aufleuchten, lagen aber gemütlich und trocken im Zelt. Glück gehabt! Morgens ging es nach der üblichen Morgenroutine bei strahlend blauem Himmel weiter – die ersten Meilen noch steil bergauf bis auf gut 3200 m, um dann sanft wieder um 500 m abzufallen. Wir durchquerten lichte Pinienwälder und als es wieder weiter hinauf ging, wurde die Landschaft um uns herum karger, vereinzelte riesige Nadelbäume und große weiße Felsen bestimmten das Bild. Abends fanden wir in der Nähe eines kleinen Bachs einen guten Platz zum Zelten und schliefen zum ersten Mal auf einer Höhe von 3000 m. Nachts wurde es sehr kalt, in unseren Schlafsäcken waren wir aber gut eingemummelt und hatten es gemütlich warm. Da der Himmel klar war, hatten wir wieder nur den Moskitoschutz vom Zelt aufgebaut und konnten so die volle Pracht des Sternenhimmels genießen. Es ist schon etwas ganz besonderes, im Schlafsack zu liegen und in die Sterne gucken zu können!
Der weitere Weg führte am nächsten Tag bergauf und bergab, allerdings ohne allzu krasse Höhenunterschiede, unter 2500 m ging es nie. Gegen Mittag erreichten wir einen idyllischen Bergsee und nutzten diesen schönen Ort für eine ausgiebige Mittagspause. Chipmunks kamen neugierig an, als sie das Rascheln unserer Tüten hörten und eins war so dreist, dass es versuchte, uns unseren Trailmix zu stiebitzen.

Da in der vorigen Nacht die Schlafsäcke vom Tau feucht geworden waren, legten wir sie in die Sonne und schnell waren sie wieder trocken.
Schweren Herzens packten wir nach einer Dreiviertelstunde alles wieder zusammen und gingen weiter, für den kommenden Tag stand der Mount Whitney auf dem Programm, und wir wollten so nah wie möglich an ihn herankommen. Gegen 17 Uhr erreichten wir den ersten als schwierig zu überquerenden beschriebenen Fluss. Zum Glück war er nicht sehr tief, hatte aber ziemlich starke Strömung. Wir zogen Schuhe und Socken aus, befestigten sie sicher am Rucksack und wateten durch den Fluss. Danach kochten wir uns direkt am Flussufer unser Abendessen (so mussten wir das dafür nötige Wasser nicht mitschleppen). Dann ging es nochmal weiter, ein weiterer Anstieg um 500 Höhenmeter stand noch an. Wir begegneten einem Wanderer, der uns fragte, wo wir bei dem Sturm gewesen seinen. Sturm? Es stellte sich heraus, dass das, was wir in der ersten Nacht als entferntes Gewitter erlebt hatten, am Zeltplatz unterhalb des Mount Whitney als heftiges Gewitter mit Sturmböen niedergegangen war. 10 Zelte seien in der Nacht kaputtgegangen berichtete er uns. Gegen 20 Uhr mussten wir dann notgedrungen stoppen, denn es war bereits stockdunkel, der Weg steinig und zu gefährlich, um ihn im Dunkeln zu gehen. Aber den Anstieg hatten wir geschafft – und waren nur noch 4 km von der Abzweigung zum Mount Whitney entfernt. In luftiger Höhe von 3250 m zelteten wir – wieder unter dem klaren Sternenhimmel und freuten uns, so nah an den Berg herangekommen zu sein. Am nächsten Morgen ging es früh los – die Besteigung des Mt. Whitney wartete! Bei strahendblauem Himmel gingen wir bis zur Crabtree Meadow, einem Zeltplatz, der uns als Basislager für diesen Tag dienen sollte. Der Mount Whitney liegt nicht auf dem PCT, sondern ist ein ‚Umweg‘. Wir mussten also den Weg dann wieder zurück zum PCT nehmen, und konnten so den Großteil unserer Sachen auf dem Zeltplatz lassen. Wir bauten schnell unser Zelt auf und verstauten alles darin, was wir an diesem Tag nicht brauchten. Mit auf den Berg, der mit über 4400 m der höchste Berg der USA ist (ausgenommen der Denali in Alaska, besser bekannt als Mount McKinley), kamen nur unsere Sonnenhüte, Regenjacken, Ausweise und etwas zu essen und zu trinken für den Tag. Knapp 14 km Aufstieg lagen vor uns, von 3200 m auf 4421 m. Da wird die Luft echt dünn!
Frohgemut und bei strahlend blauem Himmel ging es los – mit nur einem sehr leichten Rucksack. Sehr ungewohnt! Die ersten Kilometer war der Anstieg noch human, der Weg zog sich Hänge entlang und verlief entlang eines Bachs und dann eines Sees.

Der See bot die letzte Wasserquelle vor dem Gipfel, der noch 8 km entfernt lag. Als wir dort rasteten und unsere Trinkflaschen füllten, bemerkten wir, dass sich langsam Wolken über die Berge schoben. Sie sahen allerdings recht harmlos aus, so dass wir weitergingen.

Ein Wanderer, der ebenfalls zum Gipfel wollte, sagte uns allerdings, dass diese Wolken sich typischerweise in einem Sturm entladen, das seien genau die Wolken, die über dem Mount Whitney, meist gegen 14 Uhr, zu einem donnernden Gewitter führten … Ein bißchen mulmig war uns dann doch, aber wir gingen weiter. Quälend langsam ging es voran, denn der Weg führte inzwischen steil bergauf, und das natürlich in Serpentinen und auf felsigem Boden, bei dem jeder Schritt umsichtig gesetzt werden muss. Derweil wurde der Himmel immer wolkiger, aus allen Richtungen kamen inzwischen dunkle Wolken, und so war bald nichts mehr vom Sonnenschein übrig. Der Himmel war grau, kein Fleckchen blau war mehr zu sehen. Entfernt hörten wir auch bereits erstes Donnern – und so brachen wir schweren Herzens den Aufstieg ab und kehrten um. Es wären nur noch 400 Höhenmeter gewesen, aber das war uns zu gefährlich, ein Gewitter und einen Sturm auf dem höchsten Berg der USA auf 4400 m – nein danke!!! Schnell stiegen wir wieder die Serpentinen hinab und schon nach wenigen Minuten erreichte uns der erste Regen. Dicke Wassertropfen durchweichten uns, aber der Regen dauerte nur kurz und wir erreichten schon fast wieder trocken unser Zelt, das immerhin 9 km entfernt stand. Dort angekommen donnerte der Regen dann nach 30 Minuten richtig los, aber wir hatten es rechtzeitig ins Trockene geschafft! Schade, dass wir nun den Mount Whitney nicht ganz erklommen hatten, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht. Oder, wie man hier sagt: Better safe than sorry.
Der neue Tag startete zum Glück halbwegs trocken. Es hatte zwar in der Nacht etwas geregnet, aber am morgen war das Zelt dank des Windes wieder trocken. Das Tagesziel war, den Forester Pass zu schaffen. Dies ist der höchste Punkt des ganzen PCTs mit 4009 m. Entsprechend ging es bis dahin fast nur bergauf. Einen Fluss mussten wir furten, dies ging aber gut barfuß und das Wasser reichte uns bis circa zum Knie. Wie dieser Fluss noch vor 4-8 Wochen ausgesehen haben mag, mochten wir uns gar nicht vorstellen. Die letzten Meilen vor dem Pass läuft man über eine steinige Hochebene, rundherum nur schroffe Berge.

Unsere Freunde, die Murmeltiere, waren auch wieder zu hauf da. Im Gegensatz zu ihren grau-weiß-schwarzen Verwandten in Washington sind sie hier eher bräunlich-grau.

Das Wetter blieb auch heute wechselhaft mit einzelnen Regentropfen und schnellziehenden Wolken. Wir blickten wieder bang zum Himmel, denn in dieser Höhe möchte man einfach keinen Sturm o.ä. miterleben.
Nach ca. 13 Meilen hatten wir es geschafft. Die letzten 200 hm windet sich der PCT steil in Serpentinen an einer Felswand hoch mit atemberaubenden Blicken in die Tiefe.


Nach den üblichen Siegerfotos begann der Abstieg auf der anderen Seite. Dort eröffnete sich ein berggesäumtes weites Tal, in dem an den Nordwänden noch größere Schneefelder lagen. Die Panoramen waren großartig, gerade in der Nachmittagssonne.

Und so schlängelten wir uns wieder Meter für Meter bergab. Ca. 1000 m tiefer und nach 20 Tagesmeilen fanden wir einen schönen Zeltplatz und trafen dort auf einen Amerikaner indischer Herkunft mit dem wir noch etwas plaudern konnten. Wie die meisten der Wanderer die wir zur Zeit treffen ist er auf dem John-Muir-Trail unterwegs, der vom Yosemite Valley zum Mount Whitney geht und grösstenteils mit dem PCT identisch ist.
Am darauffolgenden Tag mussten wir den Trail wieder mal zum Resupply verlassen. In den Sierras ist das allerdings nicht ganz so einfach. Ein ca. 8 Meilen langer Seitentrail führte uns über den Kearsage Pass zu einem beliebten Wandererparkplatz. Dort wurden wir auch zügig mitgenommen, und nachdem wir noch einmal unsere Mitfahrgelegenheit gewechselt hatten kamen wir in Bishop an, einer kleinen Stadt, die vor allem von Bergsteigern und Wanderern lebt. Dort werden wir unsere Vorräte wieder aufstocken um für die nächste Etappe bis Mammoth Lakes gewappnet zu sein.
Schön,dass es weiter geht!
Einfach wieder genial und wunderschön!!
Gruß und viel Glück
Rüdiger
Oh weh, da muss man schon schwindelfrei sein ! Aber tolle Landschaft
Wow, besonders die Bilder sind wieder toll! Viel Erfolg auf den letzten Etappen.
Liebe Grüße
….echt Wahnsinn was ihr alles erlebt und wie zäh ihr seid! Mir tun da beim lesen die Füße schon weh, alle Achtung! So ein Erlebnis prägt…..hoffentlich passt ihr Zuhause wieder in die “Arbeitsschuhe“, ich kenne die Umstellung von unseren Reisen früher, ist nicht einfach!
Weiterhin viel Spaß und Energie….wünscht vegemite
wow…. atemberaubend schöne Landschaften, die ihr da durchwandert.
Jetzt ist es bald geschafft… passt auf euch auf 😉 lg
Tolle photos. Ich wünsche euch weiterhin viel Spaß.
Ihr Lieben: wieder ein wunderbarer Bericht, man wird richtig neidisch, aber ich bin leider gottseidank zu alt. Ich habe auch etwas neues erlebt. in meiner Küche war der Wasserablauf verstopft , sodaß ich den Notdienst kommen lassen mußte. Unglaublich, was sich so im Lauf der Jahre ansammelt!
Euch weiterhin viele schöne Erlebnisse bei guter Gesundheit und ganz liebe Grüße!
Mama
Hi ihr zwei schön wieder mal was zu Lesen von euch 😉 Ist ja schon eine Puckelei die ganze Kletterei und das noch hinten an der Tour dran zu Hängen aber ihr schaft das schon:) da bin ich mir sicher aber Passt weiter auf euch auf,und weiter hin viel Spaß ok.;) Gr.Rainer. 🙂