Von Sisters nach Cascade Locks

Nach dem erholsamen Zerotag in der Westernstadt Sisters brachten wir am Morgen noch ein Versorgungspaket zur Post, denn der nächste Stop in 100 Meilen ist keine Stadt, sondern eine Lodge. Wir können dort also nicht einkaufen. Auf dem Rückweg zum Motel gönnten wir uns noch ein Eis und pünktlich um 11 Uhr checkten wir aus und machten uns auf zum Highway, um zurück zum Trail zu trampen. Schnell wurden wir mitgenommen, wieder war unser Fahrer einer, dem der PCT nicht fremd war. Teile davon war er selbst gelaufen und ein Freund von ihm den ganzen Trail vor ein paar Jahren. Als er hörte, dass wir Deutsche sind, überraschte er uns damit, dass er uns begeistert erzählte, dass die gesamte Solarbranche Deutschland sehr viel verdanke. Er arbeite seit Jahrzehnten in diesem Bereich und Deutschland sei DER Weltmarkt dafür gewesen, 50 % des gesamten Weltmarkts seien nach Deutschland gegangen. Der Aufstieg der Branche verdanke Deutschland daher sehr viel. In den USA sei die Förderung von Bundesstaat zu Bundesstaat sehr unterschiedlich, Kalifornien fördere im Gegensatz zu Oregon sehr stark. 

Zurück am Trail erwartete uns ein langer Anstieg durch einen leider vor einigen Jahren abgebrannten Wald. Zwar sieht man auch hier überall neue Bäume wachsen, aber die großen alten Bäume, meist Nadelhölzer, sind alle tot und so läuft man meilenweit durch eine  deprimierend verwüstete Landschaft. Rasch kamen auch wieder erste Schneefelder, die jedoch gut zu meistern waren und dank der immer noch herrschenden Hitzewelle war der Trail größtenteils schneefrei.

Letzte Schneefelder Ende Juli

Unterwegs begegneten wir vielen Tageswanderern, darunter auch wieder einigen mit Hund. 2 Hunde hatten sichtlich Spaß am Schnee und spielten ausgelassen – sehnsüchtig dachten wir sofort an Rufus, als einer der beiden voller Freude in einen See aus Schmelzwasser sprang. Das hätte Rufus auch sofort gemacht! 
Gegen 19 Uhr kamen wir zu einem idyllischen Bergsee – sogar Moskito frei – und schlugen am Ufer unser Lager auf. Hirsche kamen abends mehrfach recht nah an unserem Zelt vorbei.

Ein See, und dann noch ohne Moskitos, da verweilt man gerne!

Nicht weit weg von uns, auch am Ufer, hatte ein weiterer Hiker sein Zelt aufgeschlagen – mit Hund! Der fand die Hirsche natürlich auch sehr spannend – aber brav ertrug er es, dass Mama Hirsch mit Kind recht nah an seinem Zelt vorbeigingen – ein bisschen gejammert hat er, mehr nicht. 
Am zweiten Tag ging es zunächst ein bisschen bergab, scheinbar nur, damit der nächste Anstieg bis auf 2100 m auch ja nicht zu kurz ausfällt … Fast den ganzen Tag ging es mehr oder weniger nach oben, teilweise recht steil auf unangenehm steinigem Weg. Nach 30 km Steinen ausweichen und über Steine laufen taten die Füße echt weh!  Belohnt wurden wir allerdings mit tollen Ausblicken auf Mt. Jefferson, der sehr majestätisch die Landschaft beherrscht.

Irene vor malerischer Kulisse

Je höher wir stiegen, desto mehr Schnee kam auch wieder, meist zwar nur kurzstreckig und so, dass er zwar verlangsamte, aber nicht dramatisch war.
Allerdings stellten wir wieder mal fest – Fußspuren zu folgen ist nicht immer eine gute Idee. An einer Stelle folgten wir den Spuren und prompt waren wir falsch. Ein bisschen querbeet klettern – ‚bushwacking‘ im Hikerjargon – und schon waren wir zurück auf dem Trail. 

Ca. 10 km vor dem geplanten Zeltplatz kurz nach dem Gipfel erwartete uns dann noch ein Gebirgsbach, den wir überqueren mussten. Die Strömung war stark, das Wasser so verwirbelt, dass wir nicht erkennen konnten, wie tief er war. Eine Schneebrücke half uns, den Fluss zu überqueren, wofür jedoch klettern bis dahin auf steilem sandigen Boden nötig war. Ein paar Minuten und sehr viel Adrenalin später hatten wir es geschafft! Wie geplant erreichten wir dann den Zeltplatz in luftiger Höhe und staunten nicht schlecht – nicht nur, dass dort wieder ein See war und auch Schneefelder, sondern jemand hatte dort ein Plumpsklo gebaut – mit Aussicht! Dafür ohne Wände – einfach nur ein Klo!

Wenn man mal drauf sitzt ist es nicht halb so verrückt wie es zuerst aussieht.

Noch vor 6:30 Uhr verließen wir wieder unserem Zeltplatz. Der PCT ging bergab, über Schneefelder und gerade frisch freigelegte Wiesen. Erstes Zwischenziel sollte der Olalie See sein, da dort ein kleiner Laden für die Camper und Angler ist, und wir uns einen Kaffee erhofften. Nach ein paar Meilen kam uns ein Hiker entgegen, der uns sagte dass dort am See Trailmagic wäre. Und tatsächlich: ein uns bereits aus Shelter Cove  bekannter Hiker mit seinem Hund ‚Baby‘ verbracht dort ein paar Tage und bewirtet die vorbeikommenden PCT-ler mit allem was das Herz begehrt.

Bänke, Tische, ein Hund und Essen. Was will man mehr?
Zweites Frühstück um 11. Ideal!

Pancakes, Obst, Eintopf. Wir verbrachten eine gute Stunde dort und machten uns dann wieder auf den Weg.

Baby wachte von ihrem Sessel aus über alles.

Das Höhenprofil und der Weg waren heute recht angenehm, so dass wir 26 Meilen schafften und im Wald an einer Quelle das nächste Nachtlager aufbauten.
Der nächste Tag war sehr angenehm zu laufen. Der PCT lief fast ausschließlich durch schattigen Wald und man hatte meist weicheren Waldboden unter den Schuhen. An einem großen See machten wir Pause und kühlten unsere Füße im kühlen Nass. Danach läuft es sich viel angenehmer. Am Ende des Tages hatten wir wieder über 24 Meilen geschafft, und das obwohl wir beide seit dem Vortag eine Erkältung hatten mit den üblichen Symptomen wie Husten, Schnupfen, Schweißausbrüchen und einem dröhnenden Kopf. 

Der folgende Tag versprach spannend zu werden. Nach 10 Meilen – meist bergauf – kamen wir an der Timberline Lodge an. 

Majestätisch thront die Lodge am Fuße des Mount Hood

Dabei handelt es sich um ein exklusives Hotel, gelegen am Mount Hood, das ganzjährig Hiker und Skifahrer beherbergt. Wir staunten nicht schlecht als wir von der Ferne sahen, dass Ende Juli noch der Sessellift in Betrieb war und oben am Berg kleine Skifahrerpunkte herumwuselten.

Vorne blühende Wiesen, hinten Skipisten

Das Haus ist für amerikanische Verhältnisse schon historisch. Gebaut in den 30-ern, innen massive Holz- und Steinbauweise. Große Kamine verbreiten Gemütlichkeit.
Die Fassade des Gebäudes wurde für den Stephen King Film „The shining“ mit Jack Nicholson verwendet.
Das Frühstücksbuffet soll zwar auch super sein, aber da wir erst noch 10 Meilen laufen mussten, schafften wir zeitlich erst das Lunchbuffet. Für 22 $ konnte man allerhand leckeres reinhauen. Dabei trafen wir auch Patrick, Tom und ein Österreicher Paar wieder, die wir früher schon getroffen hatten. Am Ende war uns beiden eher etwas schlecht.
Wir mussten noch unser Essenspaket abholen und umpacken, und gegen 16:30 Uhr liefen wir wieder los. Noch 6-8 Meilen wollten wir schaffen, was auch machbar war.
Der Tag nach der Timberline Lodge wartete mit gleich zwei Flussdurchquerungen auf, die durchaus berüchtigte Gefahrenstellen waren. Zum Glück stellten sich jedoch beide als ziemlich gut machbar heraus. Die erste war harmlos und ungefährlich, beim zweiten Fluss, der Schmelzwasser der Gletscher des Mt. Hood sprudelnd ins Tal führte, fand sich etwas flussaufwärts eine Möglichkeit der Überquerung.

Am Popo rutschend ist es noch einfacher als balancierend

Also alles weitaus weniger dramatisch als befürchtet. Den Rest des Tages folgte der Pfad dem Wald gen Norden. Einige Ausblicke auf Mt. Hood, Mt. Rainier und Mt. St. Helens durch den Wald erhaschten wir, leider jedoch nicht auf  die Wasserfälle, die unweit des PCT hier zu den Highlights gehören, die ‚Tunnelfalls‘. 

Im Hintergrund: links Mount St. Helens, in der Mitte Mount Rainier und rechts Mount Washington
Mount St. Helens mit bzw. ohne seiner charakteristischen, weggesprengten Kuppe

Unglücklicherweise ist der Wanderweg, der dort entlangführt, wegen eines Feuers nun dauerhaft für den Rest der Saison gesperrt. Rauchwolken konnten wir noch sehen, das Feuer ist eingedämmt, schwelt aber noch im Waldboden.

Rauchschwaden ziehen durchs Tal

Aber auch der originale PCT ist sehr schön und führt direkt zum Städtchen Cascade Locks, direkt am Columbia River – der Grenze zwischen Oregon und Washington! Oregon ist nun geschafft – Wahnsinn, gefühlt sind wir gerade erst nach Oregon gekommen und schon sind wir komplett durch ..  Jetzt liegen noch gut 500 Meilen Washington vor uns bis Kanada …! Plus noch mal 500 Meilen in den Sierras.

Jetzt sind es nur noch 505 Meilen bis Kanada

In Cascade Locks werden wir einen Tag bleiben, uns ausruhen und die Vorräte auffüllen – und dann gehts weiter Richtung Kanada. Wir schlafen bei Shrek, einem Trailangel der sein Haus und Garten für Hiker geöffnet hat. Hier sind auch wieder viele Bekannte unf man kann sich austauschen. Stephan war auch schon beim.Friseur und hat sich wieder mal Haare und Bart stutzen lassen.

Aerodynamisch

Stephan war wegen seines Beins in Sisters bzw. Bend ja beim Arzt, der das Weiterwandern nicht bedenklich fand, sofern wir aufpassen, gelegentlich kühlen und hochlagern und die verschriebenen Medikamente nehmen. Eine Bandage verhindert das Anschwellen des Beines. Zum Glück hat sich die Prognose des Arztes bestätigt und Stephan konnte gut ohne weitere Schmerzmedikamente wandern, es wird nicht schlechter, sondern langsam besser!

11 Gedanken zu „Von Sisters nach Cascade Locks&8220;

  1. Hallo Ihr zwei,
    Wow jetzt seid Ihr schon in Washington, toll!
    Bei uns sind endlich Sommerferien und es scheint auch tatsächlich wieder die Sonne ☀
    Liebe Grüße, freu mich auf die nächsten Berichte.

  2. Wunderschöne Eindrücke die ihr mit uns teilt …..so Schöne Natur ?. Stephan sieht jetzt nicht mehr aus wie ein Obdachloser ?. Irene Poporutschen ist besser als reinfallen ??. Ich beneide euch beide . Passt auf euch auf ….eure Bianca ?❤

  3. Immer wieder beeindruckende Bilder und Landschaften, die euren Bericht ausschmücken, vielen dank und alles Gute weiterhin, passt auf euch auf, lg 😉

  4. Hallo, Ihr zwei! Wieder ein wuunderschöner Blog mit herrlichen Fotos! Hoffentlich bleibt bzw. werdet Ihr ganz gesuund. Ich habe inzwischen Stefans Nummer benutzt.Hier haben wir wieder gutes Wetter, nachdem es tagelang geregnet hat.
    Gestern war ich mit Miriam und Simon in Freising zum Sushiessen, sonst gibt es Nichts Neues. Euch beiden ganz liebe Grüße! Eure Mama

  5. Hallo ihr zwei Kilometer Haie ist ja Toll wieder von euch zu Lesen und die kurzen Haare stehen Irene gut und sind Pflegeleicht und dein Wischmopp im Gesicht ist bald auch wieder Größer Stephan so das du drauf rum kauen kannst.:)Also macht weiter so und viel Spass und Passt auf euch auf.Gr.Rainer.

  6. Hallo Rockqueen, hallo Speedy,

    ich hatte für eine Weile den Anschluss verpasst ( zu viele Zero-Tage? eingelegt) nun bin ich total k.o., da ich in kurzer Zeit soooo eine lange Strecke hinter mich gebracht habe. Meine Güte, habt Ihr eine Ausdauer!! Es freut mich, dass Ihr immer noch mit Freude und Energie unterwegs seid.
    Auf den Namen Speedy hätten wir hier in Köln auch schon mal kommen können.
    Alles Gute für die nächste Etappe !

    Liebe Grüße von der Dauergewellten?

  7. Hey, gut zu hören dass es mit dem Bein besser geht!!
    Weiterhin viel Spaß und Erfolg!
    Danke mal wieder für die sagenhaften Bilder und euren tollen Bericht dazu.
    Liebe Grüße aus Köln Sandra
    P.S. Hab grad Früh mit Franzi 😉

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